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Themen - Elektrosmog

Elektrosensibilität aus Sicht der Ärztinnen und Ärzte für Umweltschutz

In einem einjährigen Pilotprojekt einer umweltmedizinischen Beratungsstelle der Basler Universität im Jahr 2001 attestierte ein interdisziplinäres Expertenteam (Allgemeinmediziner, Psychologin, Umweltexperte) bei einem Drittel der untersuchten elektrosensiblen Personen, dass mindestens ein Symptom plausibel mit Elektrosmog in Zusammenhang stehe.

Eine schweizerische Befragungsstudie im Jahr 2004 ergab, dass rund 5 Prozent der Bevölkerung gesundheitliche Beschwerden im Zusammenhang mit Elektrosmog beobachten.

In den letzten Jahren meldeten sich bei unserem Zentralsekretariat immer wieder Personen mit Beschwerden im Zusammenhang mit der Nutzung elektrischer / elektronischer Geräte, elektrischen Hausinstallationen, Funkanlagen, Freileitungen, Bahnstrom oder Trafostationen etc. Dies veranlasste unseren Verein anfangs 2008 das Projekt «Umweltmedizinisches Beratungsnetz» zu lancieren. Dieses Projekt will Personen, die als Ursache für ihre körperlichen Beschwerden Elektrosmog, aber auch andere Umweltbelastungen vermuten, eine Abklärung ihrer Leiden ermöglichen.
In einer dreijährigen Pilotphase von 2008 bis 2010 unterhielt unser Verein ein Netzwerk mit einer zentralen Anlauf- und Koordinationsstelle, umweltmedizinisch interessierten ÄrztInnen in den Regionen, einer fachlichen Begleitung durch SpezialistInnen und ausgewiesenen Umweltfachstellen, die bei Bedarf vor Ort Abklärungen durchführten. Hauptsächlich meldeten sich Patienten mit Beschwerden im Zusammenhang mit Elektrosmog. Diese Pilotphase wurde durch die öffentliche Hand unterstützt. Eine wissenschaftliche Begleitstudie untersuchte Machbarkeit, Bedarf und Nutzen einer solchen Beratungsstruktur. Detaillierte Infos finden Sie in unserer Zeitschrift Oekoskop 2/07 und Oekoskop 2/11.
Die Erfahrungen dieses Pilotprojektes bestätigen die Ergebnisse des Basler Pilotprojekts aus dem Jahr 2001, dass bei einem Teil der PatientInnen, Elektrosmog plausibel eine Rolle bei den beklagten Beschwerden spielt, dass aber auch andere Faktoren wie zum Beispiel Begleiterkrankungen oder besondere Lebensumstände mit eine Rolle spielen.

Unser Ziel ist es, dass GrundversorgerInnen bei PatientInnen mit umweltbezogenen Gesundheitsproblemen wie in jedem andern Gebiet die ersten Abklärungen selbst durchführen und bei Bedarf die Hilfe von Fachpersonen beiziehen können. Im Vergleich zu unserem Pilotprojekt werden so die Abklärungsschritte schlanker; mögliche Massnahmen können in das ganzheitliche Behandlungskonzept des Hausarztes/der Hausärztin eingebettet werden, besonders bei Patienten mit chronischen Leiden. Ein Backoffice soll dabei den behandelnden ÄrztInnen Grundlageninformationen vermitteln, umweltbezogene technische Unterstützung bieten, Hausuntersuchungen vermitteln und auf Zuweisung vertiefte Abklärungen durchführen. Seit 2011 treiben wir unser Projekt einer in den Praxisalltag integrierten Beratungsstruktur in diese Richtung voran (Oekoskop 3/18).

In verblindeten kontrollierten Laborstudien konnten elektrosensible Personen bisher nicht unterscheiden, ob sie exponiert oder scheinexponiert waren, und es zeigten sich bei Kurzexposition keine belastungsabhängige Effekte, ausser dass Erwartungshaltung durch eine Scheinexposition Symptome verstärken kann. Die Weltgesundheitsorganisation aber auch das Bundesamt für Umwelt anerkennen deshalb keinen Kausalzusammenhang. Laut Bericht des Bundesamts für Umwelt können jedoch individuelle Empfindlichkeiten nicht sicher ausgeschlossen werden.
International sind Bestrebungen im Gang, Leitlinien für Diagnose und Therapie zu erarbeiten. Die französische Behörde für Umweltschutz und Arbeitsschutz (ANSES) hat in einem ausführlichen Bericht zu Elektrosensibilität im März 2018 festgestellt, dass noch viele Fragen offen sind, und dass umweltmedizinische Beratungsstrukturen geschaffen werden sollten.

Im Zuge der heftige Debatte um 5G hat Alt-Bundesrätin Doris Leuthard eine Arbeitsgruppe beauftragt, Lösungen aufzuzeigen, wie das Mobilfunknetz unter Wahrung der Schutz- und Nutzinteressen ausgebaut werden kann. Die Arbeitsgruppe konnte sich nicht auf Lösungen zum Netzausbau einigen, aber sie stellte in ihrem Bericht einhellig fest, dass Vorsorge und Begleitmassnahmen erforderlich sind. So empfahl die Arbeitsgruppe unter anderem die Schaffung einer umweltmedizinischen NIS-Beratungsstelle als Weiterentwicklung unserer umweltmedizinischen Beratungsstruktur (Bericht Mobilfunk und Strahlung Kapitel 10.5 sowie Machbarkeitsstudie Gesundheitsmonitoring). Es freut uns sehr, dass der Bundesrat am 22.4.2020 entschieden hat, eine solche Beratungsstelle zu realisieren.

Ganz besonders freut es uns, dass im September 2023 das Schweizerische medizinische Beratungsnetzwerk für nichtionisierende Strahlung unter der Leitung und Koordination von Frau Dr. Diana Walther, Institut für Hausarztmedizin der Universität Fribourg nun den Betrieb aufgenommen hat. Näheres finden Sie unter der entsprechenden Homepage https://www.mednis.ch/de Damit geht unser seit 2007 anvisiertes Ziel in Erfüllung, Personen mit Beschwerden mit nichtionisierende Strahlung (Elektrosmog) eine dezentrale medizinische Beratung anbieten zu können, eingebettet in die Grundversorgung. Es freut uns sehr, dass wir unsere Erfahrungen in Form des Berichts über die Anforderungen einer umweltmedizinischen Beratungsstelle für nichtionisierende Strahlung beim Aufbau der MedNIS hineintragen konnten.

AefU-News zum Thema Elektrosmog

   

OEKOSKOPE zu Elektrosmog

Oekoskop 4/21: Bevölkerung erzwingt den Baustopp adaptiver Mobilfunkantennen
Oekoskop 3/20: 5G-Technologien: Nichtwissen erhält grosses Echo
Oekoskop 2/20: Mobilfunkstrahlung: Vorsorge – worauf warten wir?
pdf mit Einzelseiten
Oekoskop 4/19: Kommt jetzt die Grenzwerterhöhung für 5G via Hintertüre?Oekoskop 2/19
Oekoskop 4/17
Oekoskop 1/16