Gesundheit fördern, Landschaft gestalten
Welches Potential steckt in Landschaftsräumen für unsere Gesundheit und wie können diese «Kraftreserven» genutzt werden? Verschiedene Orte dienen den gesellschaftlichen Bedürfnissen in unterschiedlichster Art und Weise. Letztere verändern sich aber auch im Laufe der Zeit. Wie lassen sich nun aber Ansätze für eine gesundheitsfördernde Landschaftsgestalt-
ung in der heutigen Zeit der Urbanisierung umsetzen? Landschaft als Gewinn bringender Wirtschaftsraum oder doch als Begegnungs- und Erholungsraum?
Die neue Broschüre «Gesundheit fördern, Landschaft gestalten» zeigt, dass eine integrale Sichtweise der Akteure aus verschiedenen Fachrich-
tungen (insbesondere der Umwelt, Medizin, Raumplanung, Verkehr, Verwaltung und Wirtschaft) notwendig ist, um eine nachhaltige Entwick-
lung der Landschaft zu erreichen. Einen gemeinsamen Nenner zu finden und alle beteiligten Akteure mitbestimmen zu lassen ist nie einfach und bedarf einer komplexen Analyse. Die Broschüre veranschaulicht anhand verschiedener Beispiele, wie Ansätze für eine gesundheitsfördernde Landschaftsgestaltung in städtischen wie auch ländlichen Quartieren erkannt und zeitgemäss umgesetzt werden können.
Historisches
Der Einfluss schöner Landschaften auf das körperliche, geistige und seelische Wohlbefinden war bereits in der Antike bekannt. Wohlbefinden bzw. Gesundheit kann aber positiv wie negativ interpretiert werden und ist eigentlich kein Zustand sondern viel mehr ein Prozess, welcher ver-
schiedene Ebenen des Lebens (bio-psycho-sozial) mit einbezieht, so auch die Natur. In vielen traditionellen Denkweisen bildet die Natur seit jeher integrativen Bestandteil ärztlichen Handelns und somit Teil von Diagnostik und Therapie. In der chinesischen Medizin beispielsweise beschreibt das Feng Shui die Interaktion der Energieflüsse zwischen Mensch und Natur. Aber auch hierzulande gab es Völker, beispielsweise die Ägypter, die Kelten oder die alten Germanen, welche über die Beeinflussung der Gesundheit an bestimmten Orten und Plätzen im Bilde waren.
Pionierarbeit
Ende des letzten Jahrhunderts leistete Roger Ulrich, ein Landschafts-
architekt aus Amerika, Pionierarbeit auf diesem Gebiet. Er beschäftigt sich seit Anfang der 80er Jahre mit der Frage, warum viele Leute intuitiv das Gefühl haben, der Aufenthalt in der Natur würde ihnen gut tun. Etliche Studien und Review-Arbeiten sind seither erschienen. Dabei konnte eindeutig bestätigt werden, dass der blosse Anblick einer Natur-
szene – nur schon auf Papier – die Herzen nicht schneller schlagen lässt, sondern den Blutdruck, die Herzfrequenz und die Muskelspannung innerhalb weniger Minuten zu senken vermag. Die Sicht aus dem Kran-
kenbett beeinflusst den Heilungsverlauf ebenfalls: Ein Blick auf Grün-
flächen kann die Hospitalisationsdauer, den Schmerzmittelverbrauch und sogar die Komplikationen nach einem Eingriff vermindern (Ulrich 1984). Aber nicht nur das Visuelle verleiht ein positives Wohlbefinden. Die Begegnung mit Leuten (sozial), das Zirpen der Grillen (akustisch), das Blumenpflücken (taktil) oder der Duft einer schönen Blume (olfakto-
risch) unterstützen diesen positiven Effekt zusätzlich.
Forschung heute
2007 erschien im Auftrag der AefU und der Stiftung Landschaftsschutz Schweiz in Zusammenarbeit mit dem Institut für Sozial- und Präventiv-
medizin der Uni Bern sowie mit Unterstützung des BAG die Literaturstudie «Paysage à votre Santé». Sie belegte, dass sich Landschaft umfassender auf die Gesundheit auswirkt als bislang angenommen: Der Zugang zu Grünräumen, bewegungsfreundliche Städte, soziale Treffpunkte im Freien und Waldkindergärten wirken günstig auf die Gesundheit der Bevölker-
ung. Grünräume, Stadtparks, Gewässer, Wälder, Stadtquartiere etc. prägen die physische, psychische und soziale Gesundheit des Menschen und fördern auch die Entwicklung von Kindern.
Weltweites Interesse
Es fanden bereits zwei internationale Konferenzen zum Thema «Land-
scape & Health» in den Räumlichkeiten der WSL in Birmensdorf statt und zeigten, dass weltweit ein grosses Interesse und bereits gute Erfolge an der Erforschung der Zusammenhänge von Landschaft und Gesundheit errungen wurden, weshalb green space auch schon als Vitamin G ange-
priesen wird.
Aktive Nutzung
Im Gegensatz zur passiven Nutzung von Landschaften ist zu erwähnen, dass auch die aktive Nutzung von Grünflächen erkannt wurde und sich unter den Namen «Green Care» ein Schlagwort etabliert hat, das die gesundheitsfördernde, präventive und therapeutische Nutzung der natür-
lichen Umwelt zum Ziel gemacht hat. In Japan ist das «Shinrin-yoku» (Waldbaden) seit längerem gut etabliert zur Gesundheitsförderung und Entspannung.
Als Resultat für eine praxisbezogene Umsetzung der theoretischen Erkenntnisse, entstand die Broschüre «Gesundheit fördern, Landschaft gestalten». Denn nur wenn gesundheitsrelevante Kriterien erkannt und bei der Landschaftsgestaltung berücksichtigt werden, kann Landschaft als Gesundheitsressource wirken.
Dr. C. Wick